https://www.sowi.uni-kl.de/fg-sport/team/professoren/guellich-arne/
Drei Erkenntnisse sind für die Talentförderung zentral. (1) Leistungen im Kindes- und Jugendalter haben geringe Vorhersagekraft für spätere Leistungen im erwachsenen Alter. Eine verlässliche Talenterkennung in jungem Alter ist nicht möglich. (2) Talentförderprogramme sind durch beträchtliche jährliche Auffrischungsraten unter den selektierten Mitgliedern gekennzeichnet. Die meisten früh Selektierten werden langfristig keine erfolgreichen Spitzensportler; die meisten erfolgreichen Spitzensportler waren nicht besonders früh in Talentförderprogrammen. Das bedeutet, die Population der erfolgreichen Spitzensportler entwickelt sich weniger aus einer frühen Selektion und langfristigen Förderung, sondern sie kristallisiert sich vielmehr im Zuge wiederholter Selektions- und Deselektionswellen im Laufe der Alterskategorien heraus. Die Populationen der früh Selektierten und der später Erfolgreichen sind also nicht identisch, sondern weitgehend verschiedene Populationen. (3) Eine frühe Spezialisierung – früher Einstieg, Konzentration auf eine Sportart, intensiviertes spezifisches Training – fördert frühe Erfolge und die Chance, früh in Talentförderprogramme zu gelangen. Die frühe Spezialisierung erhöht aber nicht die langfristigen Erfolgschancen im Spitzensport, und sie geht mit erhöhten Kosten und Risiken einher – Überlastungsschäden, Burnout, Dropout. Erwachsene Weltklassesportler haben nicht mehr trainiert als Sportler der nationalen Klasse, oft sogar eher weniger. Athleten der Weltklasse hatten aber im Kindes- und Jugendalter mehr Trainings- und Wettkampferfahrungen in verschiedenen Sportarten und traten in ihrer Hauptsportart oft erst verzögert leistungsmäßig in Erscheinung. Im Vortrag wird die Bedeutung für die Rolle der Vereine erörtert. Schlussfolgerungen werden herausgearbeitet für eine Talentförderung, die das Talent in den Mittelpunkt stellt und seine individuelle persönliche, gesundheitliche und sportliche Entwicklung im Zusammenhang fördert.
Sportförderung, Praxis 2, Samstag, 11:30 – 12:15 Uhr